Zurück in die Prä-Grammofon-Ära


Heute kann man sich in Form von CDs oder MP3-Dateien Musik aller Epochen und Genres zum Anhören leicht ins häusliche Wohnzimmer holen. Was aber taten Musikfreunde in Zeiten vor der Erfindung des Grammophons, wenn sie fernab kultureller Zentren Musik in orchestralen Besetzungen kennenlernen wollten? Da blieb meist nur das Durchspielen der Kompositionen anhand von Klavierauszügen, am besten vierhändig mit einem Musizierpartner, um eine Vorstellung von der Klangfülle und Vielstimmigkeit des Originals zu erhalten. Umgekehrt sorgten die Komponisten bis ins späte neunzehnte Jahrhundert dafür, dass ihre Werke in leicht zugänglichen Bearbeitungen für das häusliche Musizieren auf den Markt gelangten. Das gilt auch noch für Robert Schumann, der ein Auge darauf hatte, dass fähige Musiker in seinem Umfeld für Klaviertranskriptionen seiner Orchestermusik sorgten.

Frühe Bearbeitungen werden heutigen Hörern zugänglich gemacht:

Das bekannte Klavierduo Mariko und Volker Eckerle hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese damaligen Bearbeitungen auch heutigen Hörern zugänglich zu machen. Nach drei bereits erschienenen Einspielungen einer auf sieben CDs angelegten Serie präsentieren sie dem neugierigen Musikfreund diesmal Schumanns zweite Sinfonie in einer vierhändigen Fassung, die vom Komponisten selbst und seiner Gattin Clara angefertigt wurde. Dazu kommen Klaviertranskriptionen der Ouvertüren zu „Genoveva“ und „Julius Cäsar“ aus dem direkten Umfeld des Komponisten sowie die Arbeit eines anonymen Bearbeiters, der sich damals sogar an Schumanns „Konzertstück für vier Hörner“ wagte. Ihre ursprüngliche Funktion haben diese Bearbeitungen heute zwar verloren, aber sie sind aus zwei Gründen interessant: Zum einen dokumentieren sie ein Stück historischer Musizierpraxis, zum anderen üben die Klavierfassungen im Vergleich mit den orchestralen Originalen ihren eigenen Reiz aus, wenn sie von professionellen Musikern wie dem Duo Eckerle gespielt werden. Die Stimmführungen und polyphonen Strukturen der Schumannschen Musik treten wie in einer Röntgenaufnahme hervor, so dass der langsame Satz der Zweiten anfangs geradezu wie ein Bachsches Präludium wirkt. Der Verzicht auf die instrumentalen Klangfarben führt allerdings in einem Stück wie Schumanns op. 86 auch zu Verlusten: Der Effekt des gemeinsamen Musizierens von vier Hörnern lässt sich am Flügel nicht vollgültig ersetzen.