Robert Schumann: Orchester- und Kammermusikwerke für Klavier zu vier Händen, Vol. 4


Im April und August 2015 aufgenommen, präsentiert das Klavierduo Eckerle jetzt die vierte der auf sieben CDs angelegten Reihe der Orchester- und Kammermusikwerke Robert Schumanns in autorisierten Bearbeitungen für Klavier zu vier Händen, die von Joachim Draheim initiiert und betextet wurden. Auch diesmal handelt es sich ausschließlich um Welt-Ersteinspielungen. Hier ist nun ein weiteres orchestrales Hauptwerk Schumanns präsent, die Sinfonie C-Dur op. 61 von 1845 / 46, deren Arrangement der Komponist selbst angefertigt hat – unter Mitwirkung Clara Schumanns, wie Draheim angibt, ohne uns die Herkunft der Information zu verraten. In einem Brief bemerkt Schumann zu seinem Arrangement der Frühlingssinfonie, was auch hier gelten könnte: „Nun klingt es aber auch passabel, d.h. von guten Spielern gespielt – nämlich nicht alleine gespielt, sondern ernsthaft genommen.“ Um einem Missverständnis vorzubeugen, muss man sagen, dass vierhändige Arrangements im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert noch der Hausmusik (als Ersatz für Klangkonserven) angehörten, heute aber nur von professionellen Spielern ausführbar sind. Die Sinfonie im vierhändigen Klavier-Arrangement fesselnd für den Zuhörer wiederzugeben, ist eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, da es eingehender klanglicher Fantasie und Darstellungskunst, teilweise (namentlich im 2. und 4. Satz) auch hoher Virtuosität bedarf. Darüber hinaus ist die Durchdringung und transparente Wiedergabe der reichen kontrapunktischen Verästelungen besonders der Ecksätze eine schwierige Herausforderung für die Interpreten. Von besonderer Sorgfalt des Komponisten-Arrangeurs zeugt es, dass er – wie Draheim im Booklet verrät – seine Metronomangaben in den raschen Ecksätzen der Sinfonie um 20 Schläge reduziert hat. Das wird auch in der Aufnahme hörbar berücksichtigt, dokumentiert doch ein Zeitvergleich mit der exemplarischen Einspielung von John Eliot Gardiner in den Mittelsätzen annähernde Zeitgleichheit, während im Kopfsatz (12:03 / 13:31) und Finale (8:23 / 9:17) entsprechende Differenzen auftreten. Dass die genannten Qualitäten der Wiedergabe Mariko und Volker Eckerle in reichem Maße zu Gebote stehen, haben sie bereits in den vorangehenden drei CDs bewiesen und tun es hier erneut. So stellt sich beim Anhören der Sinfonie, die nicht bei wenigen Musikologen (darunter dem Rezensenten) als der Gipfelpunkt Schumann’scher Sinfonik gilt, keine Langeweile, kein Spannungsabfall ein, was angesichts der schieren Länge des Werkes viel heißen will. Die Ouvertüre zur Oper Genoveva op. 81 war im 19. Jahrhundert besonders beliebt, und das mit vollem Recht, ist sie doch neben Manfred op. 115 (siehe Vol. 3) die wohl schönste und ausgereifteste von allen. Heute allerdings ordnet man beide eher in den Zusammenhang der Bühnenwerke ein – oder sollte es zumindest tun. Die Genoveva-Ouvertüre ist jedenfalls ein glanzvolles Stück Musik, und diesen auch dem Arrangement von Robert Pfretzschner eigenen Glanz weiß das Duo Eckerle überzeugend wiederzugeben. Doch selbst die Ouvertüre zu Shakespeares „Julius Caesar“ op. 128, die auch in ihrer Originalgestalt, nicht zuletzt der massiven Instrumentation wegen, als ziemlich „sperrig“ gilt, wird im Arrangement von Schumanns Schwager Woldemar Bargiel durch das Eckerle-Duo ansprechend dargeboten. Am wirkungsvollsten erweist sich überraschenderweise das Arrangement des Konzertstücks F-Dur für vier Hörner op. 86, obwohl es das einzige auf dieser CD ist, das als unautorisiert gelten muss, da es erst acht Jahre nach Schumanns Tod entstand und sein Urheber überdies anonym blieb. Doch mindert sich die Überraschung, wenn wir bedenken, dass es sich um ein konzertantes Werk handelt, das zudem durch allerlei virtuose Finessen des unbekannten Bearbeiters wie brillante Arpeggien und Tonleitern noch zusätzlich attraktiv gemacht wird. Das Duo Eckerle weiß diese Vorzüge voll zu nutzen und schafft so der CD einen schwungvollen Ausklang. Auch wenn die Aufnahmen naturgemäß keinen Ersatz der originalen Orchersterfassungen bieten können, sind sie doch allen Freunden der vierhändigen Klaviermusik wärmstens empfohlen. Was werden nun die drei ausstehenden CDs bringen? Zumindest die restlichen beiden Sinfonien und sicher einiges an interessanter Kammermusik – wir dürfen jedenfalls gespannt sein.